Auch in einem baubiologisch gebauten Haus, wie es uns Alfred Rüegg in seinem Vortrag erklärte, werden die Wände fast zuletzt, wenn das Gebäude fertig steht,verputzt. Nachher kommen nur noch der Maler und die Putzfrau.
Allerdings soll der Wandputz nicht nur hübsch und wohnlich aussehen, sondern er hat eine Funktion: die Funktion Feuchtigkeit im Raum zu regulieren. Das schaffen nur Lehm- und Kalkputze! Diese Eigenschaften und Prozesse erklärte uns die italienische Kalkputz-Spezialistin und Restauratorin Greti Zingerle von der Firma: Calchéra San Giorgio in reinstem Süd-Tirolerisch.
Wie der Baustoff Kalk hergestellt wird, wissen wir: Kalkstein, also Calciumcarbonat, wird gebrannt und dadurch zu Calciumoxid. Der gebrannte Kalk wird mit Wasser „gelöscht“ und reagiert zu Calciumhydroxid. Wird mit viel Wasser gelöscht erhält man Sumpfkalk. Die daraus hergestellten Mörtel sind sehr atmungsaktiv und diffusionsoffen, sie neutralisieren Gerüche, wirken antistatisch, verhindern Kondenswasser und sind schimmelwidrig. Sie werden im Gebäudeinneren verwendet.
Wird beim Löschvorgang von Branntkalk mit gleich viel Wasser gelöscht, wie der Kalkstein beim Brennen verloren hat, zerfällt er in ein feines Pulver. Durch Mischen von Luftkalk mit natürlichen, gemahlenen Puzzolanerden ergibt sich das hydraulisch abbindende Bindemittel «Puzzolankalk Pantheon». Die daraus hergestellten Mörtel sind zu den genannten hervorragenden Eigenschaften auch äusserst resistent gegen Umwelteinflüsse sowie Feuchtigkeit und sind ausgesprochen langlebig.
Das ist das Geheimnis der italienischen Kalkputze. Die alten Römer kannten es schon vor tausenden Jahren, zum Beispiel im berühmten „Pantheon“ in Rom, dessen mächtige Kuppel und Mauern mit Puzzolanischem Mörtel aufgebaut wurden und das heute noch so dasteht, als sei die Zeit der letzten zweitausend Jahre nicht verstrichen!
Aber was erzählen wir von Italien, von alter römischer Baukunst, ohne von italienischem Essen, von italienischen Genüssen zu sprechen. Von Spaghetti, Risotto und Vino Rosso!
Für die italienische Pasta werden jedes Jahr Millionen Eier zerschlagen, die Eierschalen landen im Müll. Schade, denn das ist reinster Kalk. Die Reisspelze, aus welcher der Risottoreis befreit wurde und die für den Brennprozess verwendet wird, enthält, wenn sie verascht, lösliches Silizium und Aluminat. Sie ersetzt die vulkanische Asche und natürliche Puzzolanerden. Die Römer lagerten ihre Weine in mächtigen tönernen Amphoren. Dieser gebrannte Ton ist ein weiterer Zuschlagstoff. Heute wird dafür Abfall aus der Ziegelindustrie verwendet.
Der Kalk aus den Eierschalen, gebrannt mit der Asche der Reisspelze und dem gebrannten Ton, vermischt mit einem Granulat aus Eierschalen als Sand, ergibt einen sehr festen, widerstandsfähigen Grundputz, der zu 100% natürlich ist, diffusionsoffen und feuchtigkeitsregulierend und der zu 100% aus rezyklierten Materialien besteht, die zu 100% wieder rezyklierbar sind.
Eine köstliche Kreislauf-Pasta. Ich wünsche guten Appetit!
Text: Bernhard Stohler
Bild: RG Schaffhausen
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