Wer beim Einkauf seiner Lebensmittel auf Inhaltsstoffe, Produktionsbedingungen und Transportwege achtet, interessiert sich möglicherweise auch für ein nachhaltiges Wohnumfeld. Aus was besteht der Teppich, wie wurden die Vorhänge und die Möbel produziert? Was sind das für Farbmaterialien auf meinen vier Wänden? Woher kommt der Bodenbelag?
Gemäss aktuellem Trend zu einem gesunden und nachhaltigen Lebensstil müsste das schadstofffreie Wohnen im Trend liegen - schliesslich verbringen wir bis zu neun von zehn Stunden in geschlossenen Räumen. Da gibt es Möbel oder Parkette, die lösemittelhaltige Klebstoffe enthalten, die jahrelang ausdünsten und gesundheitlich belasten können. Farben mit denen die Innenräumen gestrichen werden, sind problematisch, weil sie kunststoffbasiert sind. Die Hersteller mischen Biozide dazu, um Schimmelbildung zu verhindern.
Mineralische Kalk- und Caseinfarben, Lehm- oder Kalkputze sind dagegen anorganisch, also frei von Schimmelgefahr. "Das Interesse an natürlichen und qualitativ hochstehenden Baustoffen nimmt in vielen Bereichen der Bautätigkeit stark zu", beobachtet unser Baubioswiss-Mitglied Hanspeter Niggli von der Firma Thymos in Bern, die seit 35 Jahren mineralische Farben aus Kalk, Silikat, Leinöl und Harz anbietet. Immer mehr Bauherrschaften legen gemäss Niggli grossen Wert auf nachhaltige und natürliche Materialien.
Dass natürliche, baubiologische Baustoffe im Trend liegen, beobachtet auch unser Mitglied Arwed Junginger aus Bern: "Ein überzeugendes Argument ist, dass ein Holz-Lehmbau nur einen Zwanzigstel Energieäquivalente gegenüber einem konventionellen Haus aus Beton braucht". Die Vorzüge von Lehm sind bestechend: Der Baustoff ist lokal, einfach zu verarbeiten, Lehmputze regulieren die Raumfeuchtigkeit und absorbieren Gerüche.
Bei der Materialwahl spielen die Dämmstoffe eine grosse Rolle: Sie haben einen direkten Einfluss auf die Berechnung der Umweltbelastungspunkte (UBP) des gesamten Objekts. Man unterscheidet zwischen biologischen Dämmstoffen, Holzfasern, Hanf, Zellulose, Baumwolle, Flachs, Jute, Kokosfaser, Kork, Schafwolle, Schilf und Wiesengras, mineralischen Dämmstoffen, Steinwolle, Glaswolle und Schaumglas sowie synthetisch anorganischen Dämmstoffen (EPS, XPS, PUR, PIR, Aerogel). Aus baubiologischer Sicht sind die natürlichen Dämmstoffe die besten: Sie bieten einen sehr guten Hitzeschutz im Sommer, eine gute Speicherkapazität und eine gute Feuchtigkeitsregulierung.
Leute, die einen gesunden, fitten Lebensstil pflegen, sind sicher offen für ein gesundes Raumklima. Ist das Haus mit Schaumstoffplatten eingepacktes, die mit kunststoffvergütetem, durchgefärbtem Mörtel verspachtelt sind, wird jeglicher atmosphärische Austausch von innen nach aussen blockiert. Das Innenraumklima leidet. Im Volksmund sagt man, das Haus kann nicht mehr atmen. Die Innenräume müssen künstlich belüftet werden, biozidhaltige Fassadenanstriche gelangen in die Umwelt und die Verbunddämmstoffe sind schlussendlich aufwändig zu entsorgen.
Dabei gibt es schon lange gute, baubiologische Konstruktionen. Eine diffusionsoffene Wärmedämmung sind leichte Holzfaserplatten, die auf die Aussenwand aufgebracht, mit Kalkmörtel verputzt und mit Mineralfarbe gestrichen werden. Feuchtigkeit kann durch die Wand diffundieren. So tragen die Baustoffe aktiv zu einem guten Raumklima bei. Abgerundet wird das biologische Baukonzept mit einer konstruktiven oder automatisierten Beschattung, genug Tageslicht und einer natürlichen Belüftung.
Gebäude, gebaut mit nachhaltigen Baustoffen und nachhaltiger Bautechnik, sind das Gebot der Stunde. Baubioswiss-Mitglieder wie zum Beispiel Baufritz und Nägeli-Holzbau haben diesen Lifestyle längst bemerkt. Ein starkes Interesse an gesunden und nachhaltigen Innenräumen, die dem Wohlbefinden der Menschen dienen, zeigt aktuell vor allem die öffentliche Hand mit ihren Schulhäusern, Pflegeheimen, Kinderkrippen oder Verwaltungsgebäuden.
Anders sehen das oft die privaten Investoren und Generalunternehmer: da wird in der Regel knallhart gerechnet und schnell scheinen baubiologische Massnahmen zu teuer. "Dabei sind die Materialkosten etwa für Farben vernachlässigbar," sagt Hanspeter Niggli. "Bei einer Malerofferte macht über 90 Prozent des Quadratmeterpreises, wie bei fast allen Bauarbeiten, die Arbeit aus, nicht das Material".
Ein Haus, das mit Materialien gebaut ist, wie sie Baubiologinnen und Baubiologen empfehlen, mit gebundenem CO2, mit natürlicher, angepasster Bauweise, ohne grossen Verbrauch an fossiler und grauer Energie, hilft dem Klima. Unsere Mitglieder kennen die nötigen Baumaterialien und Bautechniken dazu.
Wenn man die Kurse im baubiologischen Bauen als Gradmesser nimmt, ist in den letzten Jahren einiges in Gang gekommen: Seit Jahren kann am Bildungszentrum von Baubioswiss ein Lehrgang der Baubiologie absolviert werden.
Mittlerweile haben auch andere Bildungsinstitute das biologische Bauen entdeckt und bieten Kurse an. "Es fällt auf, dass viele Architekturbüros ihre jungen Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen in Weiterbildungen für baubiologische Themen schicken", stellt Arwed Junginger fest. Der Verein Baubioswiss ist deshalb guten Mutes, dass die neue Generation das gesunde und nachhaltige Bauen zunehmend für sich entdeckt.
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