Sie betreten einen Raum, und Ihnen ist sofort wohl. Erst im nachhinein merken Sie, dass Sie auch schon andere Erfahrungen gemacht haben. Gewissen Orten würden Sie gerne entfliehen - anderswo verweilen Sie liebend gerne.
Wie wirkt es sich aus, wenn beim Bauen von Häusern, beim Gestalten von Gärten und Parks, in der Quartiers- und Stadtplanung wirklich auf die Bedürfnisse der Menschen eingegangen wird?
Es geht um die Erforschung der Wirkung der gebauten Umwelt auf uns Menschen in Bezug auf das Denken und Fühlen - auf das gesamte menschliche Befinden. Welchen Einfluss haben die Bauten, hat das Gebaute auf unser Verhalten - bis hin zu Entwicklungstendenzen gesellschaftlichen Verhaltens. Daraus resultieren Rückschlüsse für die Planung und Gestaltung von Umwelten (Innenräume, Gebäude, Freizeitanlagen, Plätze u.v.m.).
Wir halten uns - anders als früher - zu 90% in Räumen auf. Also wäre es gut, die aktuell gebauten Wohn- und Arbeitswelten "zum Wohle des Menschen" anzupassen:
Was brauchen wir in der heutigen Zeit, um auch den psychologischen Aspekten des Wohnens gerecht zu werden? Gute Antworten auf diese Frage gewinnen in Zukunft immer öfters an Bedeutung.
Viele Menschen fühlen sich - aus verschiedensten Gründen - nicht mehr wohl in ihrem Zuhause und in ihrem Umfeld. Man schottet sich ab, um Privatsphäre und Erholungsraum zu haben. Dies wirkt sich aus auf das Zusammenleben unserer Gesellschaft, auf unsere Begegnungen und unsere Kommunikation.
Beachten wir beispielsweise Hochhäuser, Betonbauten, Räume mit bis zum Boden verglasten Fenstern, Grossraumbüros ohne Abtrennungen: Stress ist die wahrscheinliche Folge. In der Vergangenheit wurde in Städten eher für das Auto geplant. Parkplätze entstanden - und es fehlten oft Parks für die Begegnung von Menschen.
Sinnesreize und Sinneswahrnehmung sind Grundnahrungsmittel für das Nervensystem - und für das Gehirn. Heutzutage spricht man von ständiger Reizüberflutung. Was vergessen geht: Viele Häuser 'nähren' uns in keiner Art und Weise auf allen Ebenen. Dennoch benötigen wir ein gewisses Mass an Stimulation, aber kein Zuviel.
Es ist bekannt, dass ein kurzer Blick in die Natur, in die Weite oder in den blauen Himmel heilsam ist. Vierzig Sekunden genügen, um den Stresslevel um 50% zu senken. Das gilt für Kinder, Erwachsene und auch für ältere Menschen.
Wir alle haben individuelle Bedürfnisse in Bezug auf die Wohnsituation. Räume - und auch das nähere Umfeld - sollte Spielräume für Nähe und Distanz bieten. Dabei ist unterstützend, wenn Zonen von Privat und Halbprivat über Halböffentlich bis zu Öffentlich mit geplant werden. Auch individuelle Aneignungs- und Gestaltungsräume sollten nicht fehlen. Das kann die emotionale Bindung zu einem Ort fördern - und das würde Orte neu beleben.
Es gibt bereits viele wohltuende und gelungene Bauten - Gebäude, Siedlungen aus der Schweiz, aber auch aus Dänemark, Norwegen und Italien bis hin zu China. Eindrücklich wird klar, in welche Richtung das Bauen und Gestalten von Wohn- und Arbeitsräumen gehen sollte, damit eine menschengerechte Stadt- und Siedlungsentwicklung auch in Zukunft zu Wohlbefinden führt. Und es wäre gut Wohn- und Architekturpsychologie bei jeglicher Art von Architekturplanung mit einzubeziehen.
Autorin: Katharina Dossenbach
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